Standorte zur dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern

Der Stadtrat hat der Stadtverwaltung über die Sommerferien Hausaufgaben aufgegeben. Innerhalb der nächsten vier Monate soll sie an allen 27 Standorten, die für ein städtisches Übergangswohnheim für Flüchtlinge ausgesucht wurden, zu Bürger-Informationsveranstaltungen einladen. Auch dann, wenn die Vorbereitungen im Einzelnen noch nicht so weit gediehen sind, dass alle Fragen im Detail beantwortet werden können.

In der letzten Sitzung des Rates der Stadt Neuss wurde insbesondere über die bisherige Informationspolitik der Verwaltung diskutiert. Ich habe den Bürgermeister in meinem Wortbeitrag für die bisherige Informationspolitik kritisiert und aufgefordert, das Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen.

Wortbeitrag Ratssitzung vom 19.06.2015:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir sind uns im Grundsatz alle einig, dass die Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber die Bürgerinnen und Bürger in den einzelnen Stadtteilen beschäftigen.

Die Fraktionsvorsitzenden haben sich im Vorfeld auf eine gemeinsame Erklärung verständigt, in der die Verwaltung beauftragt wird, zeitnah zu jedem Standort Informationsveranstaltungen durchzuführen, die Fragen und Anregungen der Bürgerinnen und Bürger aufzunehmen und die Planungen schnellstmöglich zu konkretisieren. Dies ist eine Forderung, die wir als SPD-Fraktion bereits früh erhoben haben. Wir begrüßen es darum ausdrücklich, dass diese Forderung nun von allen Fraktionen geteilt wird. Aus diesem Grund werden wir selbstverständlich auch den Antrag von CDU und Grünen mittragen. Ich persönlich möchte mich dem Lob der Antragsbegründung über den transparenten Kurs der Verwaltung bei der Erarbeitung der 27 Standorte allerdings nicht vollumfänglich an-schließen.

Vor der Bekanntgabe der 27 Standorte haben die Verwaltung und die Fraktionsvorsitzenden gemeinsam an einem Konzept gearbeitet, in dem wichtige Eckpunkte für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern festgelegt wurden – bspw. die dezentrale Unterbringung und gleichmäßige Verteilung auf die einzelnen Stadtteile. Darüber hinaus sollen in jedem Standort maximal 100 Personen untergebracht werden. Anschließend war es mit dem transparenten Kurs der Verwaltung allerdings relativ schnell vorbei.
Wir Stadtverordneten wurden bspw. bis heute nicht darüber informiert, welche Flächen durch die Verwaltung in den einzelnen Stadtteilen untersucht wurden. Dabei sind wir diejenigen, die sich in den Wahlkreisen den Fragen der Bürgerinnen und Bürger stellen müssen.

Die Bürgerinnen und Bürger – so der bisherige Plan der Verwaltung – sollen erst kurz vor Baubeginn in Informationsveranstaltungen über die Pläne der Verwaltung informiert werden. Das reicht aus meiner Sicht nicht aus, die Bürgerinnen und Bürger müssen frühzeitig in die Planungen eingebunden werden.

Folgende Äußerungen von Herrn Hahn konnten am 16. Juni in der Neuß-Grevenbroicher Zeitung nachgelesen werden: „Wir wünschen uns, dass sich die Bürger mit ihren Fragen erst an uns wenden, bevor sie Postwurfsendungen verteilen.“

Wir haben als SPD am 01. Juni zu einem Bürgerdialog im Stadionviertel eingeladen, zu dem circa 60 Bürgerinnen und Bürger erschienen sind – unter anderem auch Vertreter der Bürgerinitiative „Rettet das Jahnstadion“. Neben Themen wie der Kanalsanierung der Preußenstraße wurden natürlich auch die Standorte zur dezentralen Unterbringung thematisiert. Die Verwaltung hat es leider abgelehnt, zu diesem Thema einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zu entsenden. In der Woche vor der Veranstaltung hat am 25. Mai ein Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative und Herrn Hahn stattgefunden, bei dem unter anderem die Beantwortung eines Fragenkatalogs zugesagt wurde – nach meinem Kenntnisstand wurden die Fragen allerdings immer noch nicht beantwortet.

Bei unserem Bürgerdialog waren sich alle Anwesenden darüber im Klaren, dass alle Stadtteile bei dem dezentralen Konzept berücksichtigt werden müssen. Im Stadionviertel gab es bspw. keine Kritik an dem beabsichtigten Standort am Konrad-Adenauer-Ring oder an den Planungen der Verwaltung, zwei Gebäude am Glehner Weg in die Überlegungen einzubeziehen.

Kritik gab es allerdings – bei der Vorgeschichte kaum verwunderlich – an dem Standort im Jahnstadion. Viele Anwohnerinnen und Anwohner befürchten, dass aus der temporären Flüchtlingsunterbringung eine dauerhafte Bebauung resultieren könnte. Fazit: Wo Informationen fehlen, da wachsen Gerüchte. Dem NGZ-Artikel war übrigens noch die Aussage zu entnehmen, dass es bei der Erstellung der Liste nicht darum gegangen sei, politische Rechnungen zu begleichen.

Herr Bürgermeister, gerade um diese Gerüchte zu vermeiden, wäre es wichtig gewesen, die Anwohnerinnen und Anwohner frühzeitig über die Planungen zu informieren. Diese Chance haben Sie im ersten Anlauf leider nicht genutzt, wir hoffen, dass Sie die zweite Chance in den kommenden Wochen und Monaten nutzen werden.